G A L E R I E    K A R I N    S A C H S
 
 
 
PARASTOU FOROUHAR
 
"Blind Spot"
 
18. März - 11. Mai 2006



 
Verschwundene, unerwünschte Individualität steht im Zentrum der Fotoarbeiten der 1962 in Teheran geborenen Forouhar. Vor allem die grossen Formate bestechen in ihrer Wirkung. Die Künstlerin lichtete für diese Serie Männer im Tschador ab und liess sie dabei so posieren, dass allein der kahle Hinterkopf und gelegentlich eine Hand daraus hervorschauen.
Freigestellt vor rein weissem Hintergrund, scheinen die Figuren beinahe zu schweben, wird der Mensch unter dem faltenwefenden Tschador auf manchen Bildern zur Plastik, zu reiner, ästhetisch als schön empfundener Form. Politische Aussage, Geschlechterfragen und formales Arrangemant der Fotografien verschwimmen in jedem einzelnen Bild, verunsichern und verwirren den Betrachter durch ihre ambivalente Wirkung. Eindeutige Interpretationen verbieten sich.
Aber eines ist klar: Hier fehlt das Gesicht, behauptet sich statt dessen eine Leerstelle. Nur der Haarkranz, der in der gebotenen Ansicht an einen Bart gemahnt, verweist auf die Herrschaft der Ayatollahs. Der Macht und ihren Opfern, beiden, so offenbar das Bestreben Parastou Forouhars, gilt es, ein Gesicht zu geben.
Parastou Forouhar lebt und arbeitet seit 1991 in Deutschland. Die Ästhetik des Widerstands offenbart sich Iranern mehr noch als Europäern, denn Parastou Forouhar benutzt "die erstickende Welt der Muster und der ornamentalen Ordnung" gegen die Tradition.
Auch in der projizierten Animation “Spielmannszüge” fehlt das Gesicht. In miniaturmalerischer Manier sind die Figuren ohne Gesichter wie Gelenkpuppen oder Animationsentwürfe gezeichnet.
Der einzelne Mensch hat kein Gesicht, sondern ist austauschbare Figur; niemand soll jemand erkennen.
Mit dem Kunstgriff des Ornaments werden unterschiedlichste Dinge gleichförmig harmonisiert. (
(Auszug aus Texten von Hermann Pfütze und Christoph Schütte)
 
Aus der Serie "Blind Spot", 2001
Digitaler Druck auf Forex
150 x 110 cm,
Aufl. 5